Kreissportbund Teltow-Fläming

Sport als freiwillige Aufgabe – Einordnung, Verantwortung und politische Realität

In keiner anderen gesellschaftlichen Sphäre leisten Ehrenamtliche so viel für so viele und bekommen dafür gleichzeitig so wenig strukturelle Sicherheit wie im organisierten Sport.

Rund 23.500 Menschen, also über 13 % der Bevölkerung, sind Mitglied in einem der Sportvereine im Landkreis Teltow-Fläming. Fast die Hälfte davon ist unter 21 Jahre alt.

Der organisierte Sport ist damit die größte zivilgesellschaftliche Bewegung unserer Region und prägt das soziale Leben in Familien, Schulen und Gemeinden weit über die Vereinsmitgliedschaft hinaus.

Kinder und Jugendliche finden hier Verlässlichkeit, Gemeinschaft, Bewegung und Teilhabe, Tag für Tag. Trotzdem wird der organisierte Sport auf kommunaler Ebene, also in Städten, Gemeinden und im Landkreis, haushaltspolitisch oft so behandelt, als wäre er ein „Extra“, ein „Kann“, ein „Nice-to-have“.

Der Grund: Sport zählt rechtlich zu den sogenannten „freiwilligen Aufgaben“.

Doch genau hier liegt das Problem:

Freiwilligkeit wird zur Ausrede, wenn sich kommunale Gebietskörperschaften sich aus der Verantwortung ziehen.

Dabei zeigt die Realität:

  • Sport entlastet Schulen, Sozialsysteme und Gesundheitswesen.
  • Sport fördert Integration, Bildung, Teilhabe und Demokratiefähigkeit.
  • Sport ist Standortfaktor, Bindeglied und gesellschaftlicher Kitt – gerade im ländlichen Raum.

Die formale Einordnung als „freiwillige Aufgabe“ wird dem Wert und der Wirkung des Sports nicht gerecht. Sie führt zu Unsicherheit bei der Förderung, gefährdet langfristige Projekte und demotiviert die Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren.

Wir als Kreissportbund Teltow-Fläming sagen deshalb klar:

Es ist Zeit für eine politische Neubewertung – Freiwilligkeit darf keine Ausrede sein.

1. Position und Meinung des KSB Teltow-Fläming e.V.

Unsere Position ist klar:

Der organisierte Sport ist freiwillig organisiert, aber gesellschaftlich unverzichtbar.

Er bringt Menschen in Bewegung, stiftet Gemeinschaft, trägt zur Gesundheit und Integration bei und füllt das aus, was Kommunen allein nicht leisten könnten: eine alltagsnahe, generationenübergreifende und niedrigschwellige Teilhabe für alle.

Trotzdem wird Sportförderung auf kommunaler Ebene, auch im Landkreis Teltow-Fläming, regelmäßig infrage gestellt, mit dem Hinweis auf die rechtliche Einordnung als „freiwillige Aufgabe“.

Das lehnen wir ab.

„Freiwilligkeit darf keine Ausrede sein, sondern muss Verantwortung und Gestaltungsfreiheit bedeuten.“

Wir fordern daher:

  • Dass Sport in der kommunalen Finanz- und Förderpolitik nicht schlechter behandelt wird als andere freiwillige Bereiche wie Kultur oder Musikschulen.
  • Dass der Sport nicht ständig neu begründet werden muss, obwohl er längst bewiesen hat, wie viel er leistet.
  • Dass der Beitrag des organisierten Sports zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben politisch anerkannt und strukturell abgesichert wird.

Wenn Sport eine freiwillige Aufgabe ist, dann muss er die wichtigste unter ihnen sein.

2. Was bedeutet „freiwillige Aufgabe“ eigentlich?

Wenn im politischen Raum oder aus der Verwaltung die Aussage fällt:

„Sport ist eine freiwillige Aufgabe der Kommunen“,

ist damit eine bestimmte rechtliche Einordnung im Kommunalrecht gemeint – aber nicht mehr.

Die rechtliche Grundlage:

In der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (§ 2 BbgKVerf) heißt es sinngemäß:

"Städte, Gemeinden und Landkreise können alle Aufgaben übernehmen, die dem Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger dienen, soweit keine gesetzliche Zuständigkeit anderer Stellen besteht."

Diese freiwilligen Aufgaben stehen neben:

  • Pflichtaufgaben (z. B. Müllentsorgung, Feuerwehren, Schulbau),

  • und Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (z. B. Meldewesen, Bauaufsicht).

Die Einordnung als freiwillige Aufgabe bedeutet daher:

  • Kommunen dürfen entscheiden, ob und in welchem Umfang sie Sport fördern.

  • Aber sie müssen es nicht – selbst dann, wenn der Bedarf gesellschaftlich eindeutig ist.

Politische Tragweite:

Das Problem liegt nicht in der Formulierung selbst, sondern in ihrer häufigen Fehlverwendung.
Denn:

  • Freiwilligkeit wird oft als Legitimation für Kürzungen verwendet,

  • statt als Gestaltungsfreiheit für strategische Investitionen verstanden zu werden.

Dabei betrifft dies nicht nur den Sport:

Auch andere Lebensbereiche wie Kultur, Bibliotheken, Musikschulen oder Jugendclubs zählen auf kommunaler Ebene (also auch auf Landkreisebene) zu den freiwilligen Aufgaben, und trotzdem wird ihre Förderung selbstverständlich erwartet und gewährt.

Unser Standpunkt:

Freiwilligkeit heißt nicht Beliebigkeit.
Sie eröffnet Spielräume und verlangt politische Entscheidungen, keine bloße Verwaltungsausflüchte.

Der organisierte Sport hat in den letzten Jahrzehnten bewiesen, dass er dauerhaft wirkt, breit verankert ist und gesellschaftliche Systeme entlastet.
Diese Bedeutung muss sich auch in der politischen Prioritätensetzung widerspiegeln.

3. Welche Leistungen erbringt der Sport?

Der organisierte Sport wird häufig unter dem Begriff „freies Freizeitangebot“ eingeordnet, dabei leistet er in Wahrheit weit mehr:

Er wirkt tief hinein in Bildungsprozesse, soziale Strukturen und gesundheitliche Entwicklungen.

Viele dieser Beiträge fallen eigentlich in den Bereich kommunaler Pflichtaufgaben und werden dennoch seit Jahren kostenlos durch Sportvereine getragen.

Bildung, Betreuung und Persönlichkeitsentwicklung

  • Sportvereine bieten verlässliche soziale Räume für Kinder und Jugendliche, oft außerhalb von Schule und Familie.
  • Sie vermitteln Regelverständnis, Fairness, Respekt und Teamfähigkeit, zentrale Werte demokratischer Bildung.
  • Durch Kooperationen mit Schulen, Horten und Kitas unterstützen Vereine aktiv die Umsetzung des Ganztagsangebotes, insbesondere im ländlichen Raum.

Integration und Teilhabe

  • Der Sport erreicht Menschen unabhängig von Herkunft, Bildung oder Einkommen.
  • Inklusion, Teilhabe und Gemeinschaft werden nicht nur gefordert, sondern ganz praktisch gelebt.
  • Zahlreiche Vereine leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Integration geflüchteter oder benachteiligter Kinder und Jugendlicher.

Gesundheitsförderung und Prävention

  • Bewegungsmangel, Übergewicht und psychosoziale Belastungen im Kindesalter nehmen zu.
  • Sportvereine bieten niedrigschwellige, wohnortnahe Bewegungsangebote, die gezielt vorbeugen.
  • Sie entlasten damit langfristig das Gesundheitssystem, ohne dafür aus dem Gesundheitsetat finanziert zu werden.

Ehrenamt und Gemeinwohl

  • Der Sport ist eine der größten zivilgesellschaftlichen Plattformen überhaupt.
  • Tausende Ehrenamtliche in Brandenburg trainieren, begleiten, organisieren und fördern Kinder und Jugendliche, ohne Vergütung.
  • Gleichzeitig vermittelt der Sport generationsübergreifend das, was gesellschaftlichen Zusammenhalt trägt: Verantwortung, Engagement und Mitwirkung.

Fazit:

Sportvereine sind keine bloßen Anbieter von Bewegung, sie sind Bildungspartner, Sozialakteure, Integrationshelfer, Gesundheitsmotor und Ehrenamtsbasis in einem.

Diese Leistungen müssen auch auf kommunaler Ebene, in Stadt, Gemeinde und Landkreis, als solche anerkannt und gestützt werden.

4. Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Bereichen

Kultur, Musikschulen, Bibliotheken, Volkshochschulen, all das sind ebenfalls freiwillige Aufgaben.

Doch während Kultureinrichtungen auf kommunaler Ebene, inklusive Landkreises, fest verankert sind, müssen Sportvereine immer wieder in Städten, Gemeinden und im Landkreis nachweisen, dass ihre Arbeit förderwürdig ist. 

Warum ist das so, obwohl der Sport in Fläche, Wirkung und Eigenleistung oft mehr leistet als viele dieser Einrichtungen?

Förderung in anderen Bereichen: Selbstverständlichkeit statt Diskussion

  • Kultureinrichtungen haben in vielen Kommunen dauerhafte Stellen und Budgetansätze.
  • Musikschulen erhalten institutionelle Förderung, auch wenn Teilnehmerzahlen deutlich unter denen der Sportvereine liegen.
  • Der Betrieb von Bibliotheken wird regelmäßig als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge verteidigt.

Beim Sport hingegen:

  • müssen Fördermittel jährlich begründet und beantragt werden,
  • werden bereits kleinste Erhöhungen kontrovers verhandelt,
  • gelten Eigenmittel und Ehrenamt oft als Begründung für geringere öffentliche Unterstützung.

Und dabei leistet der Sport:

  • mehr Eigenarbeit: durch Mitgliederbeiträge, Spenden, Sponsoring und ehrenamtliche Stunden,
  • mehr Breitenwirkung: Sportvereine erreichen alle Alters- und Gesellschaftsgruppen, auch in kleinsten Orten,
  • mehr Bildungsnähe: durch enge Zusammenarbeit mit Schulen, Kitas, Jugendhilfe und Sozialräumen.

Während Kultur gefördert wird, weil sie als wertvoll gilt, muss der Sport oft beweisen, dass er „es verdient“, obwohl seine Wirkung längst belegt ist.

Fazit:

Die Einordnung als freiwillige Aufgabe darf nicht zur dauerhaften strukturellen Benachteiligung führen, weder in den Städten und Gemeinden noch im Landkreis. Der Sport verdient Gleichbehandlung – mindestens.

5. Was steht auf dem Spiel?

Wer Sport dauerhaft als freiwillige Aufgabe behandelt und ihn damit nicht absichert, sondern jedes Jahr neu verhandelt, riskiert nicht weniger als den schleichenden Rückzug eines der wirksamsten gesellschaftlichen Systeme überhaupt.

Denn was viele unterschätzen:

Wenn der organisierte Sport ausfällt, entsteht eine Lücke, die andere Systeme nicht schließen können.

1. Risiko: Ehrenamtliches Engagement bricht weg

  • Ohne verlässliche Perspektiven ziehen sich Übungsleiter*innen, Vorstände und Ehrenamtliche zurück.
  • Der Aufwand wird größer, die Unsicherheit wächst und das auf rein freiwilliger Basis.
  • Nachwuchs fürs Ehrenamt fehlt bereits heute. Wer investiert, braucht Klarheit, nicht jährliche Bittstellungen.

2. Risiko: Kinder und Jugendliche verlieren ihre Orte

  • Für viele Kinder ist der Verein der einzige strukturierte Raum außerhalb von Schule und Familie.
  • Besonders im ländlichen Raum schafft der Sport Nähe, Verlässlichkeit und Teilhabe, nicht nur Bewegung.
  • Wenn Trainingsangebote entfallen, steigen soziale Isolation, Medienkonsum und Bewegungsmangel.

3. Risiko: Rückzug aus Bildung, Integration und Gesundheit

  • Ohne Unterstützung können Vereine keine Ganztagsangebote mehr machen.
  • Integrationsprojekte werden eingestellt, Kooperationen mit Schulen gekappt.
  • Gesundheitsprävention wird privatisiert und erreicht dann nicht mehr die, die sie am dringendsten brauchen.

4. Risiko: Folgekosten für die Gesellschaft steigen

  • Was der Sport heute leistet, muss morgen an anderer Stelle teuer kompensiert werden:
    • In Jugendhilfe, Gesundheitswesen, Integrationsprogrammen oder kommunaler Sozialarbeit.
  • Was wir auf kommunaler Ebene nicht in den Sport investieren, zahlen wir doppelt, nur später und weniger wirksam, auch auf Landkreisebene.

Fazit:

Wer beim Sport spart, spart am falschen Ende und riskiert langfristig den Verlust von Lebensqualität, Teilhabe und Zusammenhalt.

6. Unsere Forderung: Neubewertung und Verlässlichkeit

Der organisierte Sport ist bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber er braucht dafür auch Verlässlichkeit.

Die Leistungen, die Vereine Tag für Tag erbringen, dürfen nicht länger von schwankenden Haushaltslagen, wechselnden Mehrheiten oder der Formulierung „freiwillige Aufgabe“ abhängig gemacht werden.

Es braucht eine politische Neubewertung, die Sport als das behandelt, was er längst ist:

Ein zentraler Pfeiler der kommunalen Daseinsvorsorge.

Unsere Forderungen an Politik und Verwaltung:

1. Anerkennung statt Ausrede

  • Die Einordnung als freiwillige Aufgabe darf nicht zur strukturellen Benachteiligung führen.
  • Sport muss gleichberechtigt mit anderen freiwilligen Bereichen behandelt werden.

2. Verlässliche und auskömmliche Förderung

  • Keine rein projektbezogene Förderung, sondern Grundförderung mit Planungssicherheit.
  • Unterstützung bei Infrastruktur, Ganztagsangeboten, Personalentwicklung und Ehrenamtsbindung.

3. Sport als strategischer Partner einbinden

  • Bei der Planung von Bildungs-, Gesundheits- und Sozialstrategien muss der Sport auf kommunaler Ebene systematisch mitgedacht werden.
  • Der organisierte Sport ist kein Subunternehmer, sondern Mitgestalter.

4. Gleichstellung im kommunalpolitischen Diskurs

  • Sport darf nicht immer wieder aufs Neue um seinen Stellenwert kämpfen müssen, sondern braucht eine feste Stimme in den Gremien und in der Haushaltsplanung, sowohl auf der Gemeinde- als auch auf der Kreisebene.

Unser Appell:

Wenn Sport eine freiwillige Aufgabe ist, dann muss er die wichtigste unter ihnen sein. Weil er überall dort wirkt, wo andere Strukturen längst an ihre Grenzen stoßen.

Weiterdenken und Kontakt

Wir möchten nicht nur informieren, sondern Vereine, Politik und Verwaltung dabei unterstützen, dieses Thema gemeinsam weiterzudenken und konstruktive Lösungen zu entwickeln.

Als Kreissportbund Teltow-Fläming ist es unsere Aufgabe,

  • die Interessen der Sportvereine und des organisierten Sports gegenüber der kommunalen Ebene, insbesondere auch dem Landkreis, zu vertreten,
  • Rahmenbedingungen für Sportentwicklung zu verbessern,
  • und als Ansprechpartner für Verwaltung, Städte, Gemeinden und Kreispolitik zur Verfügung zu stehen.

Wenn Sie:

  • als kommunale Entscheidungsträger*in das Gespräch suchen,
  • als Vereinsvorstand Unterstützung bei der Argumentation wünschen,
  • oder eine Veranstaltung, Sitzung oder Anfrage vorbereiten,

sprechen Sie uns gerne an.

Wir unterstützen Sie individuell, mit Hintergrundinformationen, Gesprächsvorbereitung oder strategischer Beratung.

Bei Interesse nehmen Sie bitte Kontakt zu Herrn Klischan auf: https://www.ksb-tf.de/geschaeftsstelle.html